Die meisten werden von dem neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gehört haben, das im nächsten Jahr in Kraft treten wird. Beruflich betrifft mich das Thema vor allem bei meiner Festanstellung, da wir hier die gesetzlichen Bedingungen beachten müssen (und natürlich auch wollen). Aber bei meiner Freiberuflichkeit bin ich unsicher. Inwieweit betrifft mich als Illustratorin mit einem digitalen Portfolio das neue Gesetz?
Aus diesem Grund sauge ich zurzeit jede Info auf, die mir begegnet, um mich mehr mit dem Thema digitale Barrierefreiheit zu beschäftigen. Nicht nur weil eventuell Anforderungen auf meine Website und mich zukommen, die mit technischen und inhaltlichen Umstellungen verbunden sind, um mich rechtlich abzusichern – ich erinnere mich da gerne an den DSGVO-Trubel. Ich halte es auch für einen absolut wichtigen und notwendigen Schritt, das Internet zugänglicher zu machen. Und nebenbei macht es Websites auch einfach besser für alle.
Ich bin weder Expertin für Barrierefreiheit noch kann ich rechtliche Beratungen zu dem Thema bieten. Ich lasse euch nur an dem teilhaben, was ich mir selbst angelesen und recherchiert habe. Eventuell gibt es euch eine Grundlage, um euch selbst tiefer in das Thema einzulesen oder Beratung zu suchen, wenn es euch interessiert.
Inhalt
- Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
- Gilt das BFSG auch für Websites?
- Gibt es Ausnahmen, die nicht vom BFSG betroffen sind?
- Bin ich als Illustrator*in vom BFSG betroffen?
- Empfehlung: Die eigene Website barrierefrei gestalten
- Fazit
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, oder kurz BFSG, tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. In dem Gesetz werden Anforderungen für Produkte und Dienstleistungen definiert, die nach dem 28. Juni in den Verkehr gebracht bzw. erbracht werden. Darunter fallen u.a. der gesamte Online-Handel, Hardware, Software, aber auch Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Das Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen zu ermöglichen.
Unternehmen aus den Bereichen E-Commerce, Telekommunikation, Bankdienstleistungen und eBooks stehen dabei im Fokus. Bei Nichteinhaltung können verschiedene Maßnahmen drohen, wie Einschränkungen oder Verbot der Bereitstellung des Produkts bzw. der Dienstleistung. Das betrifft nicht nur Herstellende, sondern auch Händler*innen und Importunternehmen.
Gilt das BFSG auch für Websites?
Ja, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet bestimmte Websites, barrierefrei zu sein, insbesondere wenn sie Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (z. B. Banken, Versicherungen, E-Commerce) oder gesetzlich geregelte Bereiche (z. B. Kommunikationsdienste, digitale Medien) betreffen. Auch öffentliche Institutionen, die u.a. bereits unter das Behindertengleichstellungsgesetz fallen, müssen barrierefreie Websites anbieten. Websites, die nicht in diese Kategorien fallen, sind vom BFSG nicht betroffen.
Gibt es Ausnahmen, die nicht vom BFSG betroffen sind?
Private Websites, die keinen kommerziellen Zweck verfolgen oder eine Dienstleistung anbieten, fallen in der Regel nicht unter das Gesetz. Auch Kleinstunternehmen sind ganz oder teilweise ausgenommen. Als Kleinstunternehmen zählen alle Unternehmen unter 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro.
Bin ich als Illustrator*in vom BFSG betroffen?
Die meisten Websites und Portfolios von Illustrator*innen fallen nicht unter die gesetzlich geregelten Kategorien, wenn sie nur dazu dienen, Arbeiten zu präsentieren. Entscheidend ist jedoch, ob das Portfolio als Dienstleistung genutzt wird, z.B. für die Vertragsabwicklung mit integriertem Buchungssystem, oder ob es als Teil eines kleinen Unternehmens gilt, das explizit kommerzielle Angebote macht – wenn beispielsweise ein Online-Shop integriert ist.
Anders jedoch kann es für die eigene Arbeit aussehen. Illustrator*innen, die Grafiken oder andere visuelle Inhalte für Unternehmen oder Organisationen erstellen, können dazu verpflichtet sein, barrierefreie Designs zu liefern. Das gilt insbesondere, wenn man Grafiken erstellt für die Fokus-Branchen (E-Commerce, Telekommunikation, Bankdienstleistungen, eBooks). Aber insgesamt erhöht sich bei Unternehmen und Agenturen das Bewusstsein, bei ihren Websites und digitalen Produkten, Erklärvideos und Infografiken auf die Barrierefreiheit zu achten. Das BFSG bietet somit auch eine Gelegenheit, sich auf barrierefreie Designs zu spezialisieren und die eigene Arbeit an die steigenden Anforderungen anzupassen.
Empfehlung: Die eigene Website barrierefrei gestalten
Auch wenn man als Besitzer*in eines privaten Blogs oder als Illustrator*in mit einem digitalen Portfolio von dem Gesetz eventuell nicht direkt betroffen ist, kann es absolut sinnvoll sein, die eigene Website barrierefrei zu gestalten, weil:
- Deine Website öffnet sich einem breiteren Publikum und schließt Menschen mit Behinderung ein.
- Alle User profitieren von der besseren Zugänglichkeit wie einer klaren Navigation oder guten Farbkontrasten.
Darauf solltest du achten:
Die Vorgaben des BFSG orientieren sich an etablierten internationalen Standards wie den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Diese basieren auf vier Grundprinzipien:
Wahrnehmbarkeit | Inhalte müssen mit allen Sinnen wahrgenommen werden können |
Bedienbarkeit | Alle User müssen in der Lage sein, zu Inhalten zu navigieren und diese nutzen können |
Verständlichkeit | Inhalte müssen für alle User verständlich sein |
Robustheit | Inhalte müssen mit verschiedenen Technologien kompatibel sein, wie bspw. Screenreadern |
Daraus folgen diese Anforderungen an deine Website oder Portfolio:
- Klare Navigation und einfache Bedienbarkeit
- Alternativtexte für Bilder, Untertitel für Videos, Textbeschreibungen für Audioinhalte
- Leicht verständliche Texte und klare, vorhersehbare Strukturen
- Unterstützung von beispielsweise Screenreaden
- Skalierbarkeit und flexible Layouts
- Sicherstellung von guten Farbkontrasten (mindestens 4.5:1)
Fazit
Alles, was ich bisher über das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gelesen habe, klingt sinnvoll, auch wenn es für Unternehmen teilweise einen höheren Mehraufwand bedeutet. Zukünftig wird Barrierefreiheit aber ein Qualitätstandard von Websites sein, von dem wir alle profitieren. Ich werde mich auf alle Fälle weiter mit dem Thema beschäftigen und vor allem schauen, inwieweit ich meine Websites mit der Zeit so barrierefrei wie möglich gestalten kann.
Quellen
- Portal Barrierefreiheit, Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz-node.html
- Portal Barrierefreiheit, Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG 2.1), https://www.barrierefreiheit-dienstekonsolidierung.bund.de/Webs/PB/DE/gesetze-und-richtlinien/wcag/wcag-artikel.html
- t3n Magazin 78 – Shape, Lead, Change, Repeat, Digitale Angebote barrierefrei gestalten, S.136-138
- Gehirngerecht Digital, Checklisten für digitale Barrierefreiheit, https://gehirngerecht.digital/checklisten-barrierefreiheit/